Rheinische Post: Tape Art Star in Krefeld
Original Source: https://rp-online.de/nrw/staedte/krefeld/kunst-mit-tape-start-up-unternehmer-holen-max-zorn-nach-krefeld_aid-45777645
Location: Krefeld, Germany
Publishing Date: 13.09.2019 , 08:30 Uhr
Written by: Sven Schalljo
Titel: Jungunternehmer holen Tape-Art-Star nach Krefeld
Introduction
Krefeld: „Tape Art“ ist eine verblüffende Kunstform: Es geht um Bilder aus Klebeband. Am Samstag ist einer der Top-Künstler der Szene in Krefeld zu sehen. Geholt haben ihn Jungunternehmer, deren Geschäft genauso ungewöhnlich ist.

Tape art by Max Zorn – Diner by the Sea
Verblüffend: Dieses Bild ist aus Klebeband gemacht und von hinten beleuchtet. Der Künstler Max Zorn gehört zu den bekanntesten Tape-Art-Vertretern.
Article
Der Laden an der Lewerentzstraße 66 versprüht einen ganz eigenen Charme. Rohe, unverputzte Backsteinwände, ein alter Gewölbekeller und ein schmaler, langgezogener Innenhof wirken fast wie in einem Berliner In-Bezirk. „Immerhin sind wir ja auch direkt am Alexanderplatz“, sagt Tim Steinkamp, einer der Eigentümer, grinsend. Zu dieser Atmosphäre passen die Werke des Amsterdamer Künstlers Max Zorn, die am Samstag 14. September, in dem Geschäft zu sehen sind. Zorn ist Tape Art-Künstler. Das bedeutet, dass er mit Klebeband Kunstwerke erstellt. Das Ergebnis ist verblüffend.
Innovative Start-up-Unternehmer: Tim Steinkamp und Till Niedert in ihrem Geschäft an der Lewerentzstraße.
Innovative Start-up-Unternehmer: Tim Steinkamp und Till Niedert in ihrem Geschäft an der Lewerentzstraße.
Foto: Lammertz, Thomas (lamm)
Zorns Bilder wirken wie alte Filmplakate oder Fotografien aus den 20er Jahren. „Tape Art“ entstand in den 1960er Jahren als eine Variante von Street Art, also Straßenkunst, zu der auch Graffiti zählen (es gibt da nicht nur die illegalen Sprühorgien, sondern auch ambitionierte Künstler). Tape Art wird zunehmend museal; mittlerweile wurden spezielle Klebebänder für die Künstler entwickelt.
Info
Vernissage von Max Zorn bei Truedat
Am Samstag um 12 Uhr beginnt die Ausstellung, bei der Werke von Zorn auch erworben werden können. Der Eintritt zur Veranstaltung, bei der auch der aus dem Krefelder Schlachthof bekannte DJ Theta Kavka (“Elektronischer Querschnitt“) Musik macht, ist frei. Das Ende der Veranstaltung ist nicht festgelegt. Die Eigentümer gehen von etwa 22 Uhr aus. Herzstück der Ausstellung ist eine drei Meter breite Installation aus drei geklebten Kunstwerken, die im Gewölbekeller zu sehen sein wird.
Spektakulär war eine Aktion des Künstlers El Bocho, der 2009 im Rahmen der Ausstellung „Urban Affairs Extended“ mit Klebestreifen die Wand des Stadtbades Wedding bearbeitet. In Offenbach wurde 2015 die europaweit erste Gruppenausstellung eröffnet, die „Art Basel“ zeigt Tape Art, und 2016 gab es in Berlin die erste internationale Tape Art Convention, eine Ausstellung in der Berliner Galerie Neurotitan ausgerichtet, an der auch Max Zorn beteiligt war.
Zorn schneidet Paketband verschiedener Farben in Stücke und trägt sie in mehreren Schichten auf eine Glasscheibe auf, die von hinten beleuchtet wird. Dadurch entstehen beeindruckende Effekte. Andere Künstler erstellen auch Skulpturen oder andere Arten der Kunst.
Am Samstag kann man sich in dem Geschäft an der Lewerentzstraße ein Bild dieser ungewöhnlichen Kunst machen. Zorn stellt in dem Ladenlokal des Geschäfts „Truedat“ aus.
Eigentlich ist das Label – eine Teilübersetzung des rheinischen Ausspruchs „Sischer dat“; das „dat“ ist geblieben – darstellt, ein Modelabel. Die beiden Gründer verkaufen hier ihre eigene Modelinie und Second-Hand-Kleidung. „Die kaufen wir von großen Händlern und sortieren sie dann nach unserem Bedarf. Die Qualität ist sehr gut, und nach unserer Sortierung ist es insgesamt viermal überprüft worden. Ausschuss haben wir sehr wenig“, erzählt Till Niedert, der zweite Eigentümer zum Geschäftsmodell.
Die beiden Gründer kennen sich aus gemeinsamen Schulzeiten in St. Tönis. Während Niedert studieren ging und kurz vor dem Master in BWL und VWL steht, ging Steinkamp nach dem Abitur in die Welt und machte sich selbstständig. „An Silvester haben wir uns getroffen und unterhalten. Kurz darauf war klar: Wir machen zusammen etwas. Im April haben wir das Geschäft eröffnet“, erzählt der 30 Jahre alte Steinkamp. Sie fanden das Ladenlokal, das den Ansprüchen perfekt entgegenkam und eröffneten das Geschäft. „Als wir den Gewölbekeller gesehen haben, war es um uns geschehen“, erzählt Steinkamp.
Das besondere am Konzept: Der Laden ist kaum als Verkaufsfläche gedacht. Dort sollen vor allem Events stattfinden – so wie am Samstag ab 12 Uhr bis etwa 22 Uhr. Auch sonst soll Kunst gefördert werden. Vernissagen, Lesungen oder andere Treffen von Künstlern und Freigeistern sollen stattfinden.
„Wir sind hier ja nicht weit weg von der alten Samtweberei. Dieser Geist passt perfekt zu unserem Konzept. Wir wollen irgendwie anders sein. Neu, nachhaltig und besonders“, sagt Niedert. Der Verkauf der Kleidung geht dabei mit den Events im Laden und dem dort ins Leben gerufenen Verein „Tu dat e.V.“, der die Kunst in der Umgebung fördern soll, Hand in Hand.
Der Verkauf des Geschäfts läuft fast ausschließlich online über die Seite www.truedat.de. Praktisch alle Teile sind, als Second-Hand-Ware, Einzelstücke. „Noch können wir von dem Geschäft nicht leben“, sagt Steinkamp, „Ziel ist aber natürlich die Weltherrschaft.“ Dies gepaart mit Kunst und frischem Denken – es passiert etwas, im Krefelder Süden.